Niemandsland

MIT MEINEN AUGEN

Ich weiß, Du kannst die Welt nicht mit meinen Augen sehen, kannst Dir nicht vorstellen, wie es an dem Ort aussieht, der diese Worte gebärt. Wenn ich könnte, würde ich sie Dir leihen, damit Du, wenn auch nur kurz, Dir ein Bild machen könntest von der Nacht, die diese Augen zu sehen verdammt sind. Wenn ich Dich nur einmal ins Niemandsland blicken lassen könnte, in das Land in das ich floh, als ich Deine Welt verließ.

Wenn Du nur einmal sehen könntest, wie die Welt von hier aussieht, Du einmal nur den tonlosen Schmerz sähest, den die Sehnsucht in mein Herz brennt, dann würdest Du vielleicht verstehen, warum ich nicht zurück kann.

Ich habe meine Heimat verloren, schon in der Stunde der Geburt. Ich bin hier, weil im Leben kein Platz für mich zu finden war, weil ich die Welt mit meinen Augen nur sehen konnte, weil mir das Glück, die Freude und das Lachen leider nicht begegnet sind.

An ihrer statt sah ich Leid, Elend, Gewalt, Mißgunst, Gier, Haß und Ignoranz. Ich habe nie gelernt, die Augen zu schließen und über all das hinwegzusehen, so zu tun, als wäre es nicht da. Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich dieselben Bilder, nur deutlicher.

Es ist nicht leicht, mit diesen Augen durch ein Leben zu gehen, das niemals ein solches gewesen ist.

Doch noch viel schwerer ist es, erkennen zu müssen, selbst Teil dieser Maschinerie zu sein, selbst kein Deut besser zu sein als all die Rollen, Riemen und Zahnräder, die sich im Takt der Bequemlichkeit drehen. Ist ja auch kein Wunder, schließlich haben wir alle den selben Ursprung, sind wir alle Kinder des selben Ingenieurs.

Den haben auch meine Augen nie gesehen, doch leider mußten sie erkennen, wie die Dinge lagen, was aus mir geworden war. Also flüchtete ich mich, getrieben von der Panik, mich selbst zu verlieren, hierher, und ließ dabei das einzig Schöne zurück, das meine Augen jemals zu Gesicht bekommen haben.

Einen Augenblick lang, länger kann es nicht gewesen sein, als ich den Schritt hinüber wagte, vergaß ich Dich.